Betriebstechnik im Digitalfunkbetrieb
Bedingt durch die andere Signalaufbereitung erfordert Digitalfunkbetrieb eine andere (für Neulinge gewöhnungsbedürftige) Betriebstechnik!
Die Regeln in Kürze - Erläuterung danach:
1. längere Umschaltpausen lassen (2-3 Sekunden!)
2. nur die Talkgroup/den Reflektor wählen, der den/die gewünschten Funkpartner
enthält
3. Sendeleistung und Antenne angepasst verwenden (viel Leistung hilft nicht
immer mehr)
4. User aus der Last-Heard-Liste nicht ständig unaufgefordert ansprechen
1) Umschaltpausen
Als Neuling in der Betriebsart DMR nutzt man die üblichen Sprech-Gewohnheiten
wie man sie von FM-Relais kennt. Da passiert es häufig, dass bei Sprechende des
ersten OMs mehrere andere Gesprächspartner zeitlich über das Relais sprechen und
somit "doppeln", was das Gespräch unverständlich macht. Dieser Fehler passiert,
weil es technisch möglich ist. Im Digitalfunk ist dies technisch nicht möglich,
da jeder neue Gesprächspartner vom System "ein"- und am Gesprächsende wieder
"ausgeloggt" wird. Diese andere technische Behandlung der Gesprächspartner im
Digitalfunk erfordert aber eine deutlich andere Gesprächsdisziplin aller
Beteiligten, die deutlich längere Umschaltpausen von 2-3 (in Ausnahmen
auch bis zu 4) Sekunden erfordern.
Mehrere Gründen erklären diese langen Umschaltpausen:
a) Beim Auftasten eines Gesprächs nach Drücken der ppt-Taste muss sich das
Funkgerät erst mit dem Relais synchronisieren, was von Milllisekunden bis zu
einer halben Sekunde dauern kann. Würde man sofort lossprechen, könnte der
Gespächsanfang verloren gehen. Es bietet sich deshalb an, nach dem Auftasten mit
gedrückter Taste eine knappe Sekunde zu warten, bis man losspricht. Am
Gesprächsende sollte ebenso vor Loslassen der Taste eine Nachlaufzeit von etwa
einer halben Sekunde eingehalten werden, um die Übertragung komplett übertragen
zu können. Verhindern könnte man diese Wartezeiten, wenn alle Beteiligten ihre
Systemtöne eingeschaltet ließen, denn dann würde man das Ende der
Synchronisation hören; leider stört die dauernde Piepserei die meisten
Beteiligten, weshalb die Systemtöne meist abgeschaltet werden. Nähere
Erläuterungen hierzu bietet DG9VH in seinem lesenswerten Wiki, dem inoffiziellen
DMR-Benutzerhandbuch, was jedem Neuling dringend ans Herz gelegt werden sollte
(link
hier).
b) Ein grundlegender Unterschied zum Betrieb über einen FM-Repeater im Gegensatz
zum Betrieb im digitalen DMR-Netz liegt darin, dass FM-Umsetzer in der Regel
stand alone betrieben werden und nur selten zusammengeschaltet werden.
DMR-Repeater sind aber immer vernetzt, was Fernbetrieb bis in die entferntesten
Ecken der Welt ermöglicht. Da die Verlinkung jedoch sowohl über
Internetanbindung wie auch über Richtfunkstrecken im HAM-Netz erfolgen, muss mit
unterschiedlichen Signallaufzeiten je nach Übertragungsweg gerechnet werden.
Diese interne Synchronisierung der Repeater benötigt ebenso eine Zeit von
mindestens einer Sekunde. So kann es Probleme geben, wenn einige OMs, die alle
direkt über den lokalen Repeater arbeiten, beim Gesprächsende ihres Vorredners
sofort antworten (sie merken das Gesprächsende sofort). Ein weiterer OM, der von
einem fremden Repeater (z.B. im selben Reflektorraum) ins Gespräch kommen
möchte, erfährt das Gesprächsende bedingt durch die längere Internetlaufzeit
etwas später und kann sich erst dann ins Gespräch melden. Haben die lokalen OMs
jedoch keine Umschaltpause gelassen, wird der "entfernte" OM nicht gehört, weil
schon wieder der nächste Durchgang läuft und somit käme der "entfernte" OM nie
ins QSO.
c) Um andere OMs nicht unabsichtlich zu "doppeln" (wobei ja immer der schnellere
gewinnt;-), macht es Sinn, am eigenen Gesprächsende das Rufzeichen des nächsten
OMs zu nennen, damit nur díeser (nach der nötigen Umschaltpause!) ins Gespräch
tritt.
2) Wahl der geeigneten Talkgroup bzw. des richtigen Reflektors
Die goldene Regel formuliert DL1BH (sehr lesenswert
hier)
folgend: "So hoch wie nötig, aber so niedrig wie möglich!" Gemeint ist, dass
sowohl bei der Wahl des Zeitschlitzes (TS1 oder TS2) wie auch der Talkgroup bzw.
des Reflektorraumes darauf achtet wird, dass man nur die gewünschten
Gesprächspartner erreicht. So wäre ein Anruf in deutsch auf der TG1 (weltweit)
unsinnig, weil nur wenige Partner dort deutsch verstehen bzw. sprechen. Will man
deutsch sprechende Partnner erreichen, wird man auch nicht die TG2 (Europa)
wählen, sondern mit der TG20 (D-A-CH) oder besser nocht mit der TG262
(Deutschland) starten. Antwortet ein Partner aus dem süddeutschen Raum, kann man
in einen Reflektorraum von Bayern dynamisch verlinken, dann müssen nicht alle
OMs in ganz D das Gespräch mithören. Dies hat jedoch den Nachteil, dass der
Einstiegsrepeater für andere OMs so lange gesperrt bleibt, bis der lokale
Repeater auf den eigenen Raum zurückschaltet.
Nenne bei einem cq-Ruf immer auch die Talkgroup über die der Ruf hinausgeht,
damit die anderen OMs wissen, ob sie auch angesprochen werden (besonders
interessant bei Reflektorräumen).
Schon aus ökologischen Gründen ist es sinnvoll, nicht immer auf der TG262 zu
bleiben, sondern sich nach Finden eines Partners in geeignete Reflektorräume
abzumelden, da ja sonst alle Relais in D hochgetastet bleiben, was schon einen
erheblichen Gesamtstrombedarf aller Repeater nach sich zieht.
Wirklich lokale Gespräche sollten entweder direkt (wenn möglich) oder über die
TG9 (lokal) abgewickelt werden. Laut Brandmeister-Wiki soll derjenige, der
dynamisch eine Talkgroup an einem Relais aktiviert, mit dem Hochtasten auch sein
call z.B. DK1ABC qrv bekanntgeben, um den anderen OMs deutlich zu machen, wer
hier hereinkommen möchte.
Sowohl im Brandmeisterhandbuch (hier
und besonders hier),
wie auch im inoffiziellen DMR-Plus-Handbuch (hier)
werden die möglichen Talkgroups (TG) bzw. Reflektoren (hier)
auf den beiden möglichen Zeitschlitzen (TS1 oder 2) aufgelistet!
DL8SCU hat in einem schönen lesenswerten Powerpoint-Vortrag (download von der
DARC-Seite
hier) u.a. erläutert, wie die Nutzung von Talkgroups und Reflektoren u.a. im
Brandmeisternetz funktioniert und worauf zu achten ist.
3) Sendeleistung bzw. Antennenverstärkung anpassen
Gemeinhin heißt es immer "Viel hilft viel!", was aber laut DG9VH (Tipps
hier) im Digitalfunkbetrieb unliebsame Störungen erzeugen kann. Starke
Digitalsignale können sich im Nahbereich durch Reflexionen infolge von
Mehrwegausbreitung überlagern und damit auslöschen oder so verändern, dass das
Nutzsignal nicht mehr dieselben Informationen übermittelt und unlesbar wird! In
Relaisnähe sollte man seine Sendeleistung auf 1 Watt reduzieren, während man bei
weiterer Entfernung sicher die höhere Sendeleistung von 5 Watt und ggf. sogar
eine Richtantenne nutzen muss, denn ein zu schwaches Digitalsignal kommt ggf.
nicht beim Repeater an. Hier hilft nur Ausprobieren, um die geeignete
Sendeleistung zu ermitteln, die sicheren Betrieb ohne Störungen ermöglicht.
4) User nicht sofort aus last-heard-Liste ansprechen
Die last-heard-Listen sowohl im DMRplus- wie auch im Brandmeisternetz sind gute
Hilfen, wenn man auf die Anwesenheit befreundeter OMs aufmerksam gemacht werden
möchte. Vergleichbar mit DX-Clustern erhält man über die last-heard-Listen
wichtige Hinweise auf die Aktivität auf den Reflektoren oder TGs, denn ähnlich
wie auf lokalen Relais ist auch im DMR-Netz nicht immer Betrieb.
Im Dashboard tauchen aber auch Rufzeichen auf, die sich nur durch Auftasten
eines Repeaters oder durch Ein- oder Auslinken aus einem Reflektorraum ergeben.
Spricht man den aufgelisteten OM sofort an, fühlt der sich evtl. gestört, da er
sich evtl. abmelden wollte (beim Auslinken aus einem Reflektor) oder sich erst
noch einhören möchte, ob er zum laufenden Gespräch etwas beitragen will. Dies
ist nun Segen oder Fluch von DMR, wo mit dem Drücken der ptt-Taste immer auch
die DMR-ID (und damit meist das Rufzeichen) übertragen wird. Trägerdrücker haben
es im DMR-Netz gottlob schwer.
last modified 28.03.2018